Hier geht es nicht um modernen Yoga, sondern um die überlieferte Tradition aus dem Himalaya, deren Ursprung weit in die vorvedische Zeit zurückreicht. Sie wurde seit alters an diejenigen überliefert, die sich ihr ganz hingeben möchten und sich weder vor Anstrengung noch Hindernissen fürchten. Die gezeigten Methoden mögen auf den ersten Blick teilweise simpel und unspektakulär erscheinen, aber sie sind äusserst wirkungsvoll, enthalten ein gewisses Gefahrenpotential und stellen hohe Ansprüche an die Praktizierenden. Werden sie ohne die erforderliche Aufmerksamkeit und Vorsicht geübt, können sie statt Nutzen auch Schaden anrichten. Schüler sollten die Warnungen des Lehrers ernst nehmen und stets langsam und achtsam vorgehen. Sei es in Seminaren, Kursen oder zu Hause – man sollte sich gewisser Risiken bewusst sein und dementsprechend hingebungsvoll üben. Hatha-Yoga ist eines der machtvollsten Systeme der Transformation und Selbstverwirklichung, und man sollte auf die Stimmen der alten Meister hören, die Regeln befolgen, langsam vorwärts schreiten und bereit dafür sein, Eigenverantwortung zu übernehmen, um die süssen Früchte der höheren Yoga-Stufen zu erlangen.
Authentischer Hatha-Yoga ist eine geistig-körperliche Disziplin, die in den Yoga-Schriften verschiedene Namen trägt, wie Kundalini-Yoga, Ashtanga-Yoga, Raja-Yoga oder auch Laya-Yoga. Das Ziel ist, durch schrittweise Entwicklung der menschlichen Persönlichkeit den Intellekt, die Sinne und die Gefühle zu einem harmonischen Zusammenspiel zu bringen, so dass der Mensch durch die Erweiterung seines Bewusstseins Selbsterkenntnis erlangen kann.
Zu diesem Zweck werden archaische Techniken und Prozeduren verwendet, die es dem Praktizierenden ermöglichen, die höheren Stufen der Meditation zu erreichen. Dieser anspruchsvolle Entwicklungsprozess wird unter dem Namen Ashtanga-Yoga (Achtfacher Yogapfad) zusammengefasst:
1. Yama, die Regeln des sozialen Verhaltens
2. Niyama, der Kodex der persönlichen Lebensführung
3. Asana, Körperstellungen
4. Pranayama, rhythmische Atmung und Kontrolle der Lebenskraft
5. Pratyahara, Loslösung der Sinne von der Aussenwelt
6. Dharana, Konzentration
7. Dhyana, Kontemplation und Meditation
8. Samadhi, Selbstverwirklichung oder Erleuchtung
Durch das Entfachen subtiler Energien im menschlichen Körper wird die mystische Schlangenkraft geweckt, die von den Yogis als Kundalini-Shakti verehrt wird. Diese geheimnisvolle, in den Tiefen unseres Unterbewusstseins schlummernde Energie ist der Schlüssel, um die Zusammenhänge von Körper, Geist, Seele, Welt und Kosmos zu verstehen.
In der Yoga-Shastra, den Text-Büchern des Hatha-Yoga, werden die für diesen tiefgreifenden Prozess verwendeten Praktiken erwähnt. Sie sind detailliert im Buch Kundalini-Yoga-Parampara: Die lebendige Tradition des Kundalini-Yoga beschrieben und abgebildet:
- Sukshma- und Sthula-Vyayama (subtile Leibesübungen)
- Shat-Karma (Reinigungsübungen)
- Asana (Yoga-Stellungen)
- Pranayama (Atemtechniken)
- Mudra und Bandha (yogische Siegel und Verschlüsse)